Kinder, Familie & Rente

Jedes siebte Kind lebt mit Hartz IV: „Arme Kinder werden ärmer und immer weiter abgehängt“

Wie der O-Ton Arbeitsmarkt berichtet, leben Stand Dezember 2018 fast zwei Millionen Minderjährige in einer Hartz-IV-Bedarfsgemeinschaft. Das ist jedes siebte Kind. In Bremen und Berlin lebt sogar fast jedes dritte Kind in einem solchen Haushalt, in Bayern dagegen nur jedes fünfzehnte Kind. In Nordrhein-Westfalen leben ca. 20 Prozent der Kinder und Jugendlichen von Hartz IV.

Der O-Ton Arbeitsmarkt hat dafür die Daten der Bundesagentur für Arbeit (BA) ausgewertet. Damit leben rund 1,96 Millionen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren in Deutschland in einem Hartz-IV-Haushalt. Das sind 14,5 Prozent aller Kinder und Jugendlichen in Deutschland.

Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Statistisches Bundesamt und eigene Berechnungen, Darstellung O-Ton Arbeitsmarkt.

Der O-Ton Arbeitsmarkt schreibt dazu: „Jüngere Kinder haben ein größeres Hartz-IV-Risiko als ältere Kinder. So lebte im Dezember 2018 jedes sechste unter sechsjähriges Kind in Deutschland in einer Hartz-IV-Bedarfsgemeinschaft, während dies bei den über 15-Jährigen Kindern „nur“ für jedes Zehnte der Fall war. Nach der Vollendung des sechsten Lebensjahrs sinkt die BG-Quote. Mit der Einschulung steht den Eltern zumindest teilweise eine gesicherte Kindesbetreuung zur Verfügung, sodass es vor allem für Alleinerziehende Eltern leichter ist, ihre Familie durch Einkommen aus Arbeit zu ernähren“.

„Arme Kinder werden ärmer und immer weiter abgehängt“

Eine Studie des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes belegt zusätzlich: „Arme Kinder werden ärmer und immer weiter abgehängt. Das, was für die Mehrheit Gleichaltriger selbstverständlich ist, bleibt ihnen auf Grund der Einkommenssituation ihrer Eltern versagt. Arme Familien haben faktisch immer weniger im Portemonnaie und gespart wird notgedrungen an allem, was über das physisch Überlebensnotwendige hinausgeht“, so Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands. „Während die breite Mehrheit sich immer mehr leisten kann, sind arme Kinder zunehmend außen vor. Das Gefühl nicht dazu zu gehören, ausgegrenzt zu sein und abseits stehen zu müssen, ist das Lebensgefühl armer Kinder in Deutschland. Frust, Resignation, weniger Bildungserfolg und höhere Krankheitsanfälligkeit sind schließlich sehr häufig die Folgen der Einkommensarmut der Familien“, so Schneider.

„Ein gleichberechtigtes Aufwachsen ist für die Kinder in den einkommensarmen Haushalten nicht möglich. Die wachsende Schere zwischen Arm und Reich manifestiert sich am Ende im sozialen Ausschluss der Kinder“, so Mit-Autor der Studie Andreas Aust von der Paritätischen Forschungsstelle.

Der Paritätische Wohlfahrtsverband fordert, das Bildungs- und Teilhabepaket zu ersetzen durch einen Rechtsanspruch auf Teilhabe im Kinder- und Jugendhilfegesetz. Darüber hinaus müsse der Familienlastenausgleich „vom Kopf auf die Füße gestellt“ werden: Der Verband plädiert für die Einführung einer einkommens- und bedarfsorientierten Kindergrundsicherung.

6,52 Millionen Menschen leben von ALG I oder Hartz-IV

Die Arbeitslosenstatistik weist knapp 2,24 Millionen Arbeitslose für Mai 2019 aus. Damit sind aber nicht alle ALG-I- und Hartz-IV-Empfänger*innen gezählt: Denn nicht alle Almosen-Empfänger*innen sind von der Statistik erfasst, so O-Ton Arbeitsmarkt: Insgesamt leben mit über 6,5 Millionen Menschen fast dreimal so viele Menschen in Deutschland von ALG I oder Hartz IV, wie Menschen, die arbeitslos gemeldet sind.

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