Zum Leben zu wenig

Studie: Aus Angst beantragt 50 Prozent der Berechtigten kein Hartz IV

Das Schild des Jobcenters Münster am Stadthaus 2. Foto: Jan Große Nobis/Sperre

Hunderttausende in Deutschland nehmen keine Sozialleistungen wie Hartz IV aus Angst vor Stigmatisierung oder moralischer Scham in Anspruch, so eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Da Sozialleistungen wie Hartz IV oder Grundsicherung im Alter beantragt werden müssen (anders als beispielsweise das Kindergeld), würden so etliche mögliche Anspruchsberechtigte auf diese Leistungen verzichten. Auch „Informationsdefizite (Berechtigte wissen nicht, dass sie berechtigt sind oder wie sie sich bewerben können) und Transaktionskosten (die Zeit und Arbeit für die Antragstellung übersteigen die erwarteten Bezüge)“ können zum Verzicht auf Leistungen führen.

Bei Hartz IV wird die Quote der Nichtinanspruchnahme (non take-up rate) auf 43 bis 56 Prozent geschätzt und bei Grundsicherung im Alter sogar auf ungefähr 60 Prozent, so das DIW.

In der politischen Diskussion gewinne das Thema an Bedeutung, so das DIW: „Die SPD möchte zum Beispiel mit einer ‚Respekt-Rente‘ (Grundrente) eine erhöhte Grundsicherung ohne Bedürftigkeitsprüfung für Rentner*innen mit über 35 Beitragsjahren einführen. So soll Menschen mit langen Erwerbsbiografien das Stigma erspart werden, das mit der Beantragung von Grundsicherung einhergeht, und dadurch die Inanspruchnahme erhöht werden. Gleichzeitig dürfte diese Maßnahme jedoch das Stigma der Grundsicherung für all jene, die keine 35 Beitragsjahre vorweisen können, zusätzlich erhöhen.“

Siehe auch:

DIW Wochenbericht 26 / 2019: Die Angst vor Stigmatisierung hindert Menschen daran, Transferleistungen in Anspruch zu nehmen

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