Die „Mieterselbstauskunft“: Was Vermieter*innen wissen dürfen und was nicht
In einem der reichsten Länder der Welt herrscht Mangel an etwas elementar Lebensnotwendigem: an (bezahlbarem) Wohnraum für alle. Die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e.V. geht davon aus, dass allein die Anzahl der Obdachlosen in der Bundesrepublik in diesem Jahr auf 1,2 Millionen anwachsen wird. Eine Bevölkerungsgruppe, die aus dieser strukturbedingten Mangelwirtschaft fetten Profit schlägt, sind Vermieter*innen. Diesen beschert die millionenfache Wohnungsnot potenzielle Kundinnen und Kunden im Überfluss. Doch wer die Wahl hat, hat bekanntlich auch die Qual.
von Robert Martschinke
Der oder die möglichst „perfekte“ Mieter*in will schließlich ermittelt werden. Kandidat*innen im Kampf um erschwinglichen Wohnraum müssen darum „die Hosen runterlassen“ und umfänglich Auskunft über sich geben. Dies geschieht in der Regel mittels
eines ein- bis zweiseitigen Fragebogens, der meist bei der Wohnungsbesichtigung von den Mietbewerber*innen auszufüllen ist. Diese „Mieterselbstauskunft“ dient ursprünglich der Feststellung, ob der oder die Mieter*in in spe in der Lage ist, die vertraglich vereinbarte Miete zu zahlen. Daher sind entsprechende Fragen im Rahmen der Auskunft erlaubt, sie müssen von den Wohnungssuchenden wahrheitsgemäß beantwortet werden.
Manchmal verlangen Vermieter*innen jedoch auch Auskunft über Dinge, die sie absolut nichts angehen. Denn: „Laut Bundesdatenschutzgesetz (BDSG, § 4) dürfen nur Daten erhoben werden, die für den jeweiligen Geschäftszweck erforderlich sind“, wie man auf der Webseite ratgeber.immowelt.de erfährt.
Was Vermieter*innen fragen dürfen…
Erlaubt und daher von den Bewerber*innen um ein Mietobjekt wahrheitsgetreu zu beantworten sind Fragen nach Beruf, Arbeitgeber und Einkommen (LG München, Urteil vom 25. März 2009, Az.: 14 S 18532/08). Wer Arbeitslosengeld I bzw. II oder Sozialhilfe bezieht, muss dies gegenüber dem oder der Vermieter*in angeben (LG Gießen, Beschluss vom 23. März 2001, Az.: 1 S 590/00). Auskunftspflicht besteht außerdem bezüglich des vorherigen Vermieters, der Dauer des Mietverhältnisses sowie etwaiger bestehender Mietschulden (Urteil des Bundesgerichtshofs vom 9. April 2014, Az.: VIII ZR 107/13, NZM 2014, 430).
Weiterhin erlaubt sind Fragen betreffs eventueller zukünftiger Mitbewohner*innen, Haustiere und Musikinstrumente. Wobei hier weitestgehend nach Herzenslaune gelogen werden darf. Schließlich kann man nach Mietvertragsabschluss und Bezug der Wohnung jederzeit auf die Idee verfallen, sich Hund, Katze oder Frettchen anzuschaffen, das Blockflöten-, Bongo- oder Blechtrommelspiel zu erlernen und ein halbes Dutzend „Gäste“ solange zu beherbergen, wie man lustig ist.
… und was nicht
Fragen nach einer Mitgliedschaft in einer politischen Partei, einer Gewerkschaft oder auch nur einem Fußball- oder Kegelclub müssen genauso wenig wahrheitsgemäß beantwortet werden wie die nach eventuell gerade laufenden Rechtsstreitigkeiten, Vor- und Haftstrafen. (Einzige Ausnahme: Ein laufendes Verfahren, bei dem es um Schulden aus einem noch bestehenden oder ehemaligen Mietverhältnis geht.) Privatleben und persönliche Interessen gehen keine(n) Vermieter*in etwas an. Das gilt auch bezüglich einer etwaigen Schwangerschaft oder gesundheitlichen Einschränkungen wie Behinderungen oder Allergien. Und erst recht für Fragen nach der religiösen oder politischen Gesinnung sowie der sexuellen Orientierung. In all diesen Fällen sind unwahre Angaben ausdrücklich erlaubt, ja sogar geboten. Übrigens – was viele Mieter*innen nicht wissen –, das Gleiche gilt auch bei der beliebten Frage: „Raucher*in oder Nichtraucher*in?-
Keine Bürgschaft bei Kaution
Einen weiteren Tipp hält immonet.de parat: „Fragt der Vermieter, ob Sie neben der Mietkaution auch eine Bürgschaft leisten könnten, dürfen Sie getrost mit Ja antworten. Denn eine doppelte Absicherung ist dem Vermieter per Gesetz untersagt. Verlangt er diese Zahlung, dürfen Sie sie verweigern.“ Dies gilt im Übrigen auch für die gegenüber Studierenden häufig eingeforderte „Elternbürgschaft“. Ist im Mietvertrag bereits eine Kaution festgelegt, können die Eltern freiweg für alles bürgen – zahlen müssen sie nicht.
Immer gut: Eigeninitiative ergreifen
Auf diversen Immobilien-Themenseiten im Internet werden Fragebögen zur Mieterselbstauskunft zum Herunterladen und Ausdrucken angeboten. Der Download ist in der Regel kostenlos, daher dürften auch viele Vermieter*innen hierher ihre Blanko-Fragebögen beziehen. Manche dieser Vorlagen beinhalten Fragen, die – siehe oben – eindeutig unzulässig sind. Um zu vermeiden, dass man sich später bei der Wohnungsbesichtigung mit eben solchen Fragen herumschlagen muss, bietet es sich an, bereits im Vorfeld eine rechtlich „saubere“ Vorlage auszufüllen, diese dann zum Besichtigungstermin mitzunehmen und dem oder der potenziellen zukünftigen Vermieter*in auszuhändigen. Akzeptable Auskunftsfragebögen finden sich beispielsweise auf den Netzseiten www.cbimmo.de und www-mietrecht-hilfe.de.
Ist bereits bei der Wohnungsbesichtigung absehbar, dass kein Mietverhältnis zustande kommen wird, fordern Sie die von Ihnen ausgefüllte Selbstauskunft umgehend zurück. Das ist Ihr gutes Recht, Ihre Daten gehören Ihnen, der oder die Wohnungseigentümer*in oder Makler*in ist zur unmittelbaren Rückgabe verpflichtet. Außerdem dürfen die Daten nur mit Ihrer ausdrücklichen schriftlichen Zustimmung an Dritte weitergegeben werden.
Tipps zur Mieterselbstauskunft online:
www.immonet.de
www.mietrecht-hilfe.de
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