Zum Leben zu wenig

Hartz IV – Was tun bei Sanktionen?

SchlossDie Online-Plattform „Sanktionsfrei“ bietet Betroffenen wichtige Infos und Begleitung

Viele BezieherInnen von Hartz-IV-Leistungen sind erst einmal ratlos, wenn sie von Sanktionen des Jobcenters getroffen werden. Rat kann da das Internet schaffen. Etwa die kostenlose Online-Plattform „Sanktionsfrei“, die Hartz-IV-Sanktionen letztlich abschaffen möchte. Bis es soweit ist, werden Betroffene auf ihr informiert und komplett begleitet. Die Seite bietet weitere Möglichkeiten, etwa, verhängte Sanktionen durch Mittel aus einem Solidartopf, der durch Crowdfunding finanziert wird, auszugleichen.

Sechs Millionen Menschen leben in Deutschland von Hartz IV, darunter 1,7 Millionen Kinder. Der amtlich festgesetzte Regelbedarf beträgt derzeit 404 Euro monatlich für eine alleinstehende erwachsene Person. So hoch – oder niedrig – ist das amtlich festgelegte Existenzminimum derzeit und darf laut “Sanktionsfrei” nicht weiter gekürzt werden. Die Position der Plattform ist eindeutig: Auch Sanktionen ändern nichts an der hohen Arbeitslosigkeit, denn Armut und Erwerbslosigkeit ist ein gesamtgesellschaftliches Problem, das eine gesamtgesellschaftliche Lösung erfordert.
“Sanktionsfrei” geht von eine Million rechtswidrig durchgeführter Sanktionen pro Jahr aus. Dafür spräche, dass 40 Prozent der Widersprüche und Klagen erfolgreich seien. Allerdings dauere es oft Jahre, bis das Sozialgericht eine Entscheidung fälle. Während dieser Zeit bleibt die Sanktion bestehen. Sanktionen sollten nur dann ergehen, so die Plattform, wenn die rechtlichen Voraussetzungen dafür erfüllt seien, sonst bestehe Rechtsmissbrauch.

Die Internetseite „Sanktionsfrei“ befindet sich noch im Aufbau. Folgende Schritte sollen in naher Zukunft gemacht werden:
Sobald 75.000 Euro an Spenden gesammelt sind und damit die Fundingschwelle erreicht wird, beginnt die Programmierung der Online-Plattform. Zwei Drittel des Geldes fließen direkt in die Programmierung, ein Drittel wird für den Aufbau der Logistik, für Rechtsberatung und das Campaigning benötigt.
Wenn das Funding-Ziel von 150.000 Euro erreicht wird, startet die Plattform schneller und mit vielen Funktionen. Bis Herbst 2016 wird www.sanktionsfrei.de in jedem Fall online gehen. Der Datenschutz und die Qualität der Beratung ist “Sanktionsfrei” sehr wichtig, das erfordert sorgfältige Planung und ausreichend finanzielle Unterstützung.
Die durch ihren Protest gegen das Hartz-IV-System bekannt gewordene Inge Hannemann und ein Team des Startup-Gründers Michael Bohmeyer stehen hinter “Sanktionsfrei”, unterstützt werden sie dabei von der Initiative „Mein Grundeinkommen“.

Viele Sanktionen werden verhängt, weil die Betroffenen zu wenig über ihre Rechte wissen. Sanktionsfrei.de informiert und begleitet praktisch, und zwar bei folgenden Punkten:
– Briefverkehr: Kostenfreie Übernahme des Briefverkehrs (mit Zustellbestätigung)
– Redaktionsmaschine: Handlungsvorschläge bei Post vom Jobcenter
– Anwaltliche Beratung: Anwaltliche Beratung per Videochat
– Sicherheit: Datenverschlüsselung auf persönlichem Computer (Übertragung nur bei Bedarf)

Zudem wird das Einhalten von Pflichtbewerbungen vereinfacht, indem passende Stellenanzeigen aus öffentlich zugänglichen Datenbanken gescannt und dementsprechend Bewerbungsschreiben vorbereitet werden. Bereits bestehende Unterstützungen, wie Begleitungsservices zum Jobcenter und Selbsthilfe- und Beratungs-Netzwerke, werden integriert. Folgen dennoch Sanktionen, kann durch Widerspruch und Klage – gegebenenfalls bis zur Aufhebung der Sanktion – finanzielle Unterstützung durch den Solidarfonds erfolgen.

All dies sind gute Gründe, dieses neue Portal zu unterstützen. Wer das Projekt durch Spenden bzw. Geldbeträge zum Crowdfunding unterstützen möchte, kann dies noch bis zum 31. März 2016 (Fristablauf 23.59 Uhr) tun (www.sanktionsfrei.de). Ende Februar waren 31.628 Euro eingegangen und somit 42 Prozent der Fundingschwelle von 75.000 Euro erreicht.