Zum Leben zu wenig

Personalräte: Jobcenter „verheizt“ Mitarbeiter

Der Vorstand der Personalräte in den deutschen Jobcentern hat sich mit einem Offenen Brief an die Bundesagentur für Arbeit gewandt. Die Mitarbeiter würden vor allem im Leistungsbereich „regelrecht verheizt“, heißt es in dem Schreiben, über das die Berliner Tageszeitung jungeWelt (jW) am Samstag berichtete. Den Angestellten fehle es an Ausbildung und Zeit, die Klienten zu beraten. Den Verantwortlichen seien die Zustände seit Jahren bekannt, so die Personalräte. In einer Reportage hatten die Enthüllungsjournalisten Günter Wallraff und Torsten Misler die Arbeitsbedigungen in den Jobcentern scharf kritisiert. Der Fernsehsender RTL strahlte den Bericht Donnerstag vor einer Woche aus.

Foto: Dr.Klaus-Uwe Gerhardt/www.pixelio.de
Foto: Dr.Klaus-Uwe Gerhardt/www.pixelio.de

Laut jW zeigte sich die Bundesagentur in einer Rundmail an alle Mitarbeiter überrascht von den schlechten Arbeitsbedingungen. Sie bat die Sachbearbeiter außerdem, sich bei den Pressestellen der Jobcenter zu melden, falls Journalisten an sie heranträten. „Wo systematisch Fehler und Mängel vorliegen, wollen wir gemeinsam mit Ihnen  nach guten Lösungen suchen“, zitiert die jW aus der Rundmail.

Der Vorstand der Personalräte wundert sich in seinem Offenen Brief über die Unwissenheit der Vorgesetzten: „Sie suggerieren damit, Sie hätten von den Missständen bisher nichts erfahren.“ Die Personalräte hätten jedoch immer wieder auf „Personalmangel, hohe Arbeitsbelastung, hohen Krankenstand, Mängel bei der Qualifizierung der Mitarbeiter, hohe Fluktuation und die Befristungspraxis“ hingewiesen. Tatsächlich haben offenbar bereits Mitte Januar die Personalräte der Jobcenter in Bayern einen Offenen Brief mit ähnlichen Vorwürfen an die Bundesagentur gerichtet.

In dem aktuellen Schreiben wird kritisiert, dass Mitarbeiter immer mehr Aufgaben und Dienstanweisungen aufgebürdet bekämen, etwa bei der Umstellung auf das neue Computersystem Allegro oder dem Anlegen digitaler Kundenakten, schreibt die jungeWelt. Es gelinge Angestellten immer seltener allen Hartz-IV-Berechtigten gerecht zu werden. Mangelnde Beratung und zu späte Auszahlung der Leistungen seien die Folge. „So wird die Funktionsfähigkeit des Sozialstaats faktisch in Frage gestellt“, heißt es laut jW.

Die Personalräte sprechen in dem Offenen Brief scheinbar auch von Zielvorgaben der Bundesagentur, zum Beispiel hätten Teamleiter bei der Vermittlung oder auch beim Einsparen von Leistungen Quoten zu erfüllen. Den Druck gäben die Teamleiter an die Sachbearbeiter weiter.

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