Beschränkt zugängiger Spielplatz ist keine öffentliche Grünfläche
Münster. Der größte private Vermieter in Münster, das profitorientierte Aktienunternehmen LEG Immobilien SE, versucht in Münster seit Erscheinen des Mietspiegels im Frühsommer 2023 unter anderem mit durch den Mietspiegel nicht abgedeckte „Besondere Wohnwertmerkmale“ die Mieten in ihren Wohnungen weiter hochzutreiben. Als Begründung dafür werden auch verschiedene Infrastrukturen der Stadt wie zum Beispiel die Existenz von „Spielplätze[n] in 1.000 m“-Umkreis zur Wohnung angeführt. Die LEG meint, für einen Spielplatz in weniger als einem Kilometer Entfernung von der Wohnung die Miete um ein halbes Prozent erhöhen zu dürfen.
Auf Umwegen bekam das börsennotierte Wohnungsunternehmen am Dienstag vor dem Amtsgericht Münster in Sachen „Mieterhöhung wegen Spielplatznähe“ überraschend Recht. Eine Mieterin in der Jahnstraße soll mehr Miete zahlen, weil es einen Spielplatz auf der der Wohnung gegenüberliegenden Straßenseite gibt, und die Bushaltestelle „Germania Campus“ weniger als 100 Meter entfernt ist. Hintergrund ist die Bewertung des Spielplatzes als „öffentliche Grünfläche“ durch die Amtsrichterin.
In den Westfälischen Nachrichten vom 21. Februar zitiert WN-Redakteur Nils Dietrich die Richterin: „Es kommt in der Frage, ob er wohnwerterhöhend ist, nicht drauf an, ob man den Spielplatz nutzt.“ Diese Einschätzung der Richterin führte dazu, dass die Mieterin rückwirkend eine höhere Kaltmiete zahlen muss.
Aus Sicht der LEG-Mieter*innen-Initiative ein krasses Fehlurteil. Der Mietspiegel in Münster sieht unter mietpreiserhöhender „Wohnlage“ bei Eintritt von mindestens zwei von drei „positiven“ Wohnumfeldmerkmalen (Einfamilienhaussiedlung, Grünfläche in der Nähe, direkte Busanbindung) ohne Vorhandensein von mindestens zwei der insgesamt fünf Negativmerkmale einen Zuschlag von maximal zwei Prozent der Kaltmiete vor. „Eine Grünfläche ist aus unserer Sicht nur dann öffentlich, wenn diese allen Menschen zur Verfügung steht. Dies ist beim Spielplatz an der Ecke Jahnstraße / Kinderhauser Straße allerdings nicht der Fall“, so Werner Szybalski, Sprecher der LEG-Mieter*innen-Ini: „Dieser Spielplatz darf, siehe amtliches Schild, ausschließlich durch Kinder und Jugendliche unter 16 Jahre bis zum Einbruch der Dunkelheit beziehungsweise maximal 20 Uhr genutzt werden. Der Mieterin steht diese Fläche damit gar nicht zur Verfügung. Also kann der Spielplatz auch keine öffentliche Grünfläche im Sinne des Mietspiegels sein.“
Szybalski ist überzeugt, dass durch die geschickte Einführung der Mietspiegel-ähnlichen LEG-spezifischen „Besonderen Wohnwertmerkmale“ in die Mieterhöhungsschreiben nun der teilöffentliche Spielplatz durch das Amtsgericht Münster als mietsteigernd anerkannt wurde: „Dies ist fatal und falsch.“
Die LEG-Mieter*innen-Initiative kritisierte dieses Vorgehen ihres Vermieters scharf. Beim 2022 vorhandenen Mietaufkommen der LEG in Münster spülen die vom Unternehmen – aus Sicht der Mieter*innen-Initiative erschwindelten – drei Prozent zusätzlicher Mieterhöhung jährlich über eine Million Euro in die Kasse der LEG-Aktionäre – und dies Jahr für Jahr.
„Diese zusätzliche, unrechtmäßige Mieterhöhung um drei Prozent ist für die Gesamtheit der LEG-Mieter*innen in Münster – trotz zahlreicher Widersprüche, denen offensichtlich immer vom Vermieter stattgegeben wird – eine erhebliche Belastung und zieht Kaufkraft in siebenstelliger Höhe aus der Stadt ab“, erklärte Szybalski, der für die LEG-Mieter*innen in Münster fordert: „Da die ungerechtfertigte drei Prozent Mieterhöhung, die sich in Münster zusammengerechnet pro Jahr auf über eine Million Euro beläuft, nur mit dem Gestaltungstrick auf den Schreiben umgesetzt werden konnte, sollte die LEG diese Erhöhung freiwillig zurücknehmen. Gerade in diesen Zeiten mit stark steigenden Mietnebenkosten sollte unser Vermieter nicht seine Mieter*innen austricksen und ausnehmen.“
Die freiwillige Rücknahme der ungerechtfertigten drei Prozent Mieterhöhung durch die LEG, so die Mieter*innen-Initiative, würde auch den städtischen Haushalt erheblich entlasten. Diese drei Prozent werden von Münster bei Bürgergeld- und Wohngeldempfänger*innen von der Stadt via Mieter*innen an die LEG gezahlt. „So werden sogar alle Münsteraner*innen von der LEG übertölpelt“, schloss Werner Szybalski.
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