Arbeit und Soziales Zum Leben zu wenig

Auch Regelungen zur Unzeit sind Zeitenwenden

Das Bürgergeld ist Anfang Januar im Schnitt um zwölf Prozent gestiegen.

Die Erhöhung zu Beginn des neuen Jahres wird auch deshalb kritisiert, hätte weder „Hand noch Fuß“, weil die Inflationsrate in den vergangenen Monaten wieder deutlich zurückgegangen sei. Im November lag sie noch bei 3,2 Prozent. Das Ifo-Institut (Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München) schreibt, dass man das Bürgergeld in Erwartung einer Inflation erhöht hätte, die jetzt nicht eingetreten ist, sodass es in den nächsten ein bis zwei Jahren voraussichtlich keine Erhöhung mehr geben wird.

Im März 2023 gab es eine Musterklage des Sozialverbands VdK vor dem Sozialgericht Düsseldorf gegen das Jobcenter Mönchengladbach. Der Vorwurf: Die Höhe des Bürgergelds werde nicht schnell genug an die steigenden Lebenshaltungskosten angepasst, es sei daher nicht existenzsichernd. Das Gericht wies die Klage zurück. im Moment läuft ein Berufungsverfahren vor dem Landessozialgericht. Erklärtes Ziel des VdK ist es, gemeinsam mit Bürgergeldempfängern bis vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen.

Wie viel Geld braucht es, um in Deutschland menschenwürdig zu leben? Rein juristisch ist das eindeutig: Es gibt ein Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum. Das ergibt sich aus Artikel 1 des Grundgesetzes, der Unantastbarkeit der Menschenwürde, in Kombination mit Artikel 20, dem Sozialstaatsprinzip. So urteilte das Bundesverfassungsgericht im Jahre 2010. Der ehrenamtliche Schöffe, den es in diesem Fall nicht gibt, wäre geneigt zu ergänzen: Das menschenwürdige Existenzminimum verträgt keine zeitbedingten Verzögerungen bei der Umsetzung solcher fundamentalen Lebensprinzipien.

Die jetzige Erhöhung ist die Erste, seitdem die Bundesregierung das Bürgergeld Anfang 2023 eingeführt hat. Politiker von Union und FDP bezweifeln, dass sie notwendig ist. Zwölf Prozent seien „einfach zu viel“, sagte Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) Anfang Dezember der ARD. Null Prozent seien „einfach zu wenig“, wäre vor Monaten und zur rechten Zeit eine seriöse Verlautbarung von ihm gewesen, welche der jetzigen Kritik ein Mindestmaß an bewusstem Verantwortungssinn und Menschenrechtskenntnis gegeben hätte.

(Bild: pixabay)

Sperre Redaktion
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