Bürgergeld-Bezieher:Innen in unsicheren Wohnverhältnissen
Von Regina Ioffe
Langzeitarbeitslosigkeit und damit verbundene Armut sind stressig. Eine wichtige, existenzielle Sorge ist die Sorge um die Wohnung. Seit Jahren sind Wohnungsmärkte insbesondere in Ballungsgebieten angespannt, es ist kaum möglich, eine günstige Wohnung zu finden. Zwar übernimmt das Job-Center im Rahmen des Bürgergeldes grundsätzlich die Kosten der Unterkunft, aber nur im “angemessenen” Rahmen.
Steigt die Miete höher, dann übernimmt das Jobcenter die Wohnkosten spätestens nach einem halben Jahr nicht mehr vollständig. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB) hat die Wohnungslage für Menschen mit Bürgergeld untersucht.
Das IAB fragte in der Online-Personenbefragung „Arbeiten und Leben in Deutschland“ (IAB-OPAL, Welle 3) im Jahr 2024 unter anderem: „Machen Sie sich Sorgen, ihre aktuelle Wohnung zu verlieren?“. Während nur 21 Prozent der Befragten ohne Bürgergeldbezug sich Sorgen darum machten („große Sorgen“ oder „etwas Sorgen“), hatte im Bürgergeldbezug mehr als jeder zweite solche Sorgen. Diejenigen, die zur Zeit noch “angemessene” Unterkunftskosten hatten, machten sich zu 51 Prozent Sorgen. Lagen die Mietkosten bereits über der Grenze des Jobcenters, dann bereitete die Lage 70 Prozent der Betroffenen Sorgen, dass sie ihre Wohnung verlieren.
Das Thema „Wohnen“ nehmen Bürgergeldempfänger sehr wichtig, auch bei Gesprächen um Arbeitsvermittlung im Jobcenter. So nannten 2024 fast ¾ der befragten Jobcenter-Mitarbeiter das Problemfeld „Wohnsituation im Allgemeinen“ als sehr häufiges oder häufiges Thema in ihren Kundengesprächen, und das Problemfeld „Kosten der Unterkunft“ nannten 53 Prozent der befragten Mitarbeiter.
Zum Leben zu wenig
Interessant sind Befragungsergebnisse darüber, was Bürgergeldempfänger schon unternommen haben oder unternehmen werden, wenn ihr Jobcenter die Mietkosten nicht mehr komplett bezahlt.
Sechs Prozent der betroffenen Leistungsbezieher bieten ihre Wohnung zur Untermiete an, weitere drei Prozent planen das. Elf Prozent der Mieter ist es gelungen, mit dem Vermieter eine Mietsenkung zu vereinbaren, weitere zwei Prozent der Befragten wollen dies tun.
Acht Prozent der Bürgergeldempfänger gingen rechtlich gegen die Entscheidung ihres Jobcenters vor, weitere elf Prozent planen diesen Weg. 22 Prozent konnten das Jobcenter ohne Gerichtsweg von der vollständigen Kostenübernahme ihrer Wohnung überzeugen, weitere dreizehn Prozent hofften auf solche Gespräche. Dreizehn Prozent der befragten Leistungsbezieher suchten nach einer preiswerteren Wohnung, was allerdings in der Realität Jahre dauern kann.
Krass ist jedoch, dass die meisten Betroffenen ihre Wohnung mit einem Verzicht aus dem Lebensunterhalt retteten: Sie bezahlten den nicht übernommenen Mietkostenanteil selber aus ihrem Regelsatz oder aus einem Hinzuverdienst (45 Prozent der Befragten) oder sie planten dies (dreizehn Prozent).
Informationen und Schaubilder:
Bähr, Sebastian; Mense, Andreas; Wolf, Katja (2025): Kosten der Unterkunft im Bürgergeld: Erste Befunde zur „Karenzzeit Wohnen“ zeigen bestenfalls ein gemischtes Bild, In: IAB-Forum 3. April 2025.