Arbeit und Soziales Rund um Münster Wohnen

Faire Miete statt Rendite

Ein Mietshaus in Münster entsteht

Von Christoph Cramer

Ein gemeinschaftlich organisiertes und solidarisch finanziertes Wohnprojekt der neu gegründeten Drubbel Wohnen Genossenschaft wird vorgestellt.

Wer träumt nicht von einer schönen bezahlbaren Wohnung in Münster, nicht zu weit weg von der Innenstadt, trotzdem im Grünen, nahe zum Kanal, mit guter Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr, nette Nachbarn, Garten? Hmmm – gibts nicht? Dachte ich auch. Und dann traf ich Menschen, die genau das umsetzen. Bei uns in der Stadt!

Sie nennen sich selbst die Drubbels (im Sinne von eng beieinander / Schulter an Schulter) und haben vor einigen Jahren angefangen, sich mit der Idee vom gemeinschaftlichen, generationsübergreifenden Wohnen auseinander zu setzen. Die Gruppe ist in vielerlei Hinsicht bunt gemischt: Alter, Beruf, sozialer und finanzieller Hintergrund – einmal quer durch den Garten, wie es so schön heißt. Eins haben sie alle gemeinsam: Es ist ihr erster Hausbau!

Die Drubbels werden selbst Mieter

Hervorzuheben ist vor allem: Die Drubbels bauen, um später selbst Mieter:Innen zu sein, denn das Haus soll langfristig dem spekulativen Kapitalmarkt mit seiner von Profit und nach Rendite strebenden Gier entzogen sein, weil nur so langfristig günstige Mieten garantiert werden können.

Foto: Christoph Cramer

Im Frühjahr 2023 haben sie sich mit einem Konzept auf ein städtisches Grundstück beworben und den Zuschlag erhalten. Am Rainer-Plein-Weg 2, zwischen Hohem Heckenweg und Schleuse dürfen sie ein viergeschossiges Mehrfamilienhaus für rund 45 Menschen bauen. Das Haus wird in Holzrahmenbauweise errichtet werden, hochgedämmt, (kfw 40+), qualifizierter Neubau nach ökologisch, nachhaltigen Kriterien. Es wird 22 Wohnungen haben, vom 40m²-Single-Appartment bis zur 100m² großen Familien-Wohnung. Darüber hinaus wird es viel gemeinschaftlich nutzbare Fläche geben, Kinder-Tobe-Raum, Fahrradwerkstatt, Musizier-Zimmer. Waschküche (mit Cafe), Gemeinschaftsräume. Es wird auch eine Küche für Alle geben, wo täglich gekocht und gemeinsam mit Nachbar-, Freund- und Unterstützer*innnen gegessen werden soll. Und nicht zuletzt ein sogenannter Infrastruktur-Raum, der für die Menschen im Viertel nutzbar sein wird. Yoga, Versammlungen, Nachbarschaftstreff … vieles wird möglich. Zudem wird das Haus von einem rund 1000m² Garten umgeben sein.

Bauen ohne Haken!?!

Bei dieser Aufzählung von „da will ich auch wohnen“ frage ich mich unwillkürlich, wo „der Haken“ ist. Gibt es einen? Nun nicht wirklich, außer dass es sehr, sehr viel Arbeit ist, neben dem individuellen Alltag, also ehrenamtlich, den Bau und die Finanzierung dieses Hauses zu organisieren. Die derzeit rund 30 Erwachsenen (mit 10 Kindern) treffen sich seit über zwei Jahren regelmäßig mehrmals pro Woche, um in unterschiedlicher Zusammensetzung ihr Vorhaben voranzutreiben. Alle anfallenden Aufgaben sind verteilt auf fünf Arbeitsgruppen (Bau, Finanzen, Rechtsform, Gemeinschaft, Kommunikation). Dazu kommen Koordinierungs-Treffen und alle 14 Tage das Gruppen-Plenum.

Um dieses Projekt mit einem Gesamtvolumen von rund 6,5 Mio. Euro zu stemmen, haben sie eine Genossenschaft gegründet, die „Drubbel-Wohnen eG“. Das für den Hausbau benötigte Geld bekommen sie überwiegend (4,5 Mio.) aus Fördertöpfen von der NRW Bank und als Kredit durch die GLS Bank. Geringe Zinsen und lange Tilgungszeiten ermöglichen eine stabile Finanzierung. Die verbleibenden zwei Millionen müssen sie in Form von sogenanntem Eigenkapital selbst aufbringen. Und da sind die Drubbels auf einem erfolgsversprechenden Weg. Etwas mehr als eine Million haben sie schon zusammen. Die restliche Summe wollen sie über die selbstinitiierte Kampagne „1.000 von tausend“ einwerben. Die Idee ist so einfach wie genial: 1.000,- Euro als Klein-Kredit geliehen von insgesamt Eintausend Menschen und schon ist die Summe zusammen!

Pfiffige Finanzierung

Wer mitmachen will, kann entweder einen Kredit geben oder als investierender Genosse bzw. Genossin einsteigen. Die beiden Beteiligungsmöglichkeiten unterscheiden sich durch die unterschiedlichen Laufzeiten und die Verzinsung. Beim Kredit ist eine lange Laufzeit wichtig, damit die finanzierende Bank (GLS) diesen Kredit als Eigenkapital anerkennt. Daher gibt es für diese Anlageform auch Zinsen. Gezeichnete Genossenschaftsanteile als investierendes Mitglied hingegen unterliegen einer Kündigungsfrist von nur 2 Jahren. Somit besteht die Möglichkeit schnell wieder an sein Geld zu kommen. Dafür gibt es Rederecht auf den Genossenschaftsversammlungen. Aber eben keine Zinsen. Ohnehin geht es, wenn überhaupt um einen Zinssatz, der sich im Bereich zwischen 0 und maximal zwei Prozent bewegt. Denn es bleibt und ist ein ideelles Investment.

Vor allem ist es bürgerschaftliches Engagement. Der Staat, das Land und auch die Kommune drücken sich seit Jahrzehnten vor der Verantwortung von Investitionen in dauerhaft bezahlbaren Wohnraum, vor allem in ausreichender Menge.

Ohne die Initiative von den Drubbels (und anderen) sähe es noch viel schlimmer aus. Und die Drubbels sagen: „Das ist unser erstes Haus. Wenn wir 2027 eingezogen sein werden, werden wir direkt „Haus Zwei“ in Angriff nehmen! Das ganze Projekt hat Modellcharakter, das sollten wir alle unterstützen.“

Wer die Drubbels gerne persönlich kennenlernen möchte, ist herzlich eingeladen am zweiten Donnerstag im Monat ab 19:00 Uhr zum Stammtisch für Interessierte und Unterstützende ins „Hier & Jetzt“ an der Bismarckallee zu kommen. Oder zu einer der anderen Veranstaltungen, die hier zu finden sind.

Weitere Info: www.1000vontausend.de

Christoph Cramer ist Mitarbeiter bei: cuba – Beratungsstelle Arbeit