Arbeit und Soziales Kinder, Familie & Rente

Unsichtbare Arbeit hält die Welt zusammen

Einblick in die Care Arbeit

Von Mitra Behdadi

Sie weint nicht. Sie schreit nicht. Sie trägt einfach – einen Berg von Lasten: Kühlschrank, Herd, Waschmaschine, Eimer, Besen, die unzähligen Werkzeuge des häuslichen Lebens, die ihr Rückgrat erdrücken. Ihre Kinder an ihrer Seite, sorglos, unberührt von der Last. Sie stützen sich auf sie, aber sehen nicht, was es sie kostet. Sie ist die stille Stütze des Haushalts, deren Stärke als selbstverständlich angesehen wird – bis sie zerbricht.

Das Bild der Frau, die „nur“ Hausfrau ist, ist die Realität vieler Frauen. Sie arbeiten unbezahlte Stunden: Kochen, Waschen, Putzen, Kinder betreuen und den Mann unterstützen. Sie müssen dabei auch noch attraktiv und stets fröhlich sein – und das ohne freien Tag. Die Arbeit dieser Frauen wird von der Gesellschaft als selbstverständlich angesehen und oft mit der Behauptung entschuldigt, dass sie sie „aus Liebe“ tun. Doch Care-Arbeit ist Arbeit und sie wird von Staat und Wirtschaft oft nicht anerkannt.

Mehr als unbezahlte Hausarbeit

Frauen leisten mehr als die Hälfte der gesamten Care-Arbeit und dies wird gesellschaftlich weder gewürdigt noch entlohnt. In Deutschland wird unbezahlte Care-Arbeit jährlich mit einem Wert von 825 Milliarden Euro berechnet. Während der Mann als „Ernährer“ angesehen wird, bleibt die Frau in der Rolle der Fürsorgerin, ohne dass ihre Arbeit anerkannt oder bezahlt wird. Sie verliert im Laufe ihres Lebens bis zu 2 Millionen Euro an Einkommen, da ihre Arbeit als „nicht-arbeitend“ gilt. Auch ihre Rente bleibt aus, weil sie keine bezahlte Arbeit leistet.

Die unsichtbare Arbeit von Frauen ist eine stille Ausbeutung. Sie kümmern sich um Kinder, den Haushalt, pflegen Angehörige und erledigen alles, was zu einem funktionierenden Zuhause gehört. Diese „unsichtbare Arbeit“ (invisible labour) wird von der Gesellschaft als selbstverständlich angesehen, aber ihre Last ist enorm. Viele Frauen erkranken häufiger an Burnout, weil sie diese Arbeit neben ihrer Erwerbstätigkeit leisten müssen, ohne dass sie dafür Anerkennung erhalten. Die Gesellschaft spart Milliarden, weil sie diese Arbeit nicht entlohnt.

Das System profitiert von dieser unsichtbaren Arbeit. Frauen kümmern sich um die Familie, während der Mann in Vollzeit arbeitet und dafür entlohnt wird. Doch diese Arbeit der Frauen wird in der patriarchalen Gesellschaft unsichtbar gemacht. Fürsorgearbeit wird ausschließlich den Frauen zugeschrieben und bleibt auf der „Privat“-Ebene, als wäre sie keine wirkliche Arbeit. Das patriarchale System stellt diese Arbeit als „natürlich“ dar, als ob Frauen es aus „Liebe“ tun, und daher sei es nicht notwendig, sie zu bezahlen.

Sozialversicherte Arbeit – ein Fremdwort

Das patriarchale System hat drei grundlegende Auswirkungen auf Frauen: Erstens verschiebt es Care-Arbeit ins Private, wo sie keine öffentliche oder staatliche Unterstützung erhält. Zweitens wird diese Arbeit ausschließlich den Frauen zugeschrieben und drittens wird sie unsichtbar gemacht und als selbstverständlich betrachtet. „Liebe“ und „Fürsorge“ werden als Argument verwendet, um diese Arbeit zu entwerten.

Die feministische Kritik an diesem System zeigt, dass es eine klare Verbindung zwischen Kapitalismus und Patriarchat gibt. Das kapitalistische System profitiert von der Fürsorgearbeit, indem es den Frauen die Verantwortung für den Haushalt und die Familie überträgt, während der Mann in der Erwerbsarbeit entlohnt wird. Dies führt dazu, dass Frauen real spürbare Konsequenzen in Bezug auf ihre Rentenansprüche, Gehalt und soziale Sicherheit haben.

Die Lösung für dieses Ungleichgewicht liegt darin, Care-Arbeit anzuerkennen und zu entlohnen. Mehr Rentenpunkte für nachgewiesene Care-Arbeit oder eine reduzierte Arbeitszeit bei vollem Gehalt könnten helfen, die Diskriminierung von Frauen zu verringern. Zudem sollten Unternehmen die Bedeutung der Care-Arbeit anerkennen und ihren Beitrag dazu leisten, damit ihre Mitarbeitenden ohne Sorgen über den Haushalt arbeiten können.

Ein patriarchales System

Das patriarchale System führt zu einer strukturellen Ausbeutung von Frauen, was sich auch in anderen Bereichen wie ungleicher Bezahlung und weniger Führungspositionen zeigt. Diese Ungleichheit ist nicht nur in der Familie spürbar, sondern zieht sich auch durch das gesamte Wirtschaftssystem. Das Fehlen von Anerkennung und Bezahlung für Care-Arbeit führt zu einer ungerechten Verteilung von Arbeit und Ressourcen.

Es wird immer mehr erkannt, dass diese unsichtbare Arbeit nicht unbegrenzt verfügbar ist und auch an ihre Grenzen stößt. Die gesellschaftliche Vorstellung, dass Frauen diese Arbeit „einfach so“ erledigen, wird zunehmend infrage gestellt. Der Feminismus fordert, dass Care-Arbeit sichtbar gemacht und endlich als wertvolle Arbeit anerkannt wird. Die Gesellschaft muss verstehen, dass ohne diese Fürsorgearbeit das gesamte System nicht funktionieren würde.