Urteile

LSG: Leistungsanpassung für Asylbewerber*innen folgt aus Gesetz

Grundleistungen für Asylbewerber*innen sind entgegen gesetzlicher Vorgabe seit 2017 nicht mehr erhöht worden. Trotzdem lehnte der Landkreis Cuxhaven eine Erhöhung ab.

Geklagt hatte ein 38-jähiger Mann mit ungeklärter Staatsangehörigkeit. Seit 1999 wird er wegen Passlosigkeit geduldet. Er lebt in einer Gemeinschaftsunterkunft im Landkreis Cuxhaven. Im Jahr 2018 erhielt er monatliche Leistungen von 354,- Euro zuzüglich Unterkunfts- und Heizkosten. In dieser Zeit lag die Sozialhilfe bei 416,- Euro pro Monat.

Die Bundesregierung hat die Rechtsauffassung, wonach die Neufestsetzung und Fortschreibung der Bedarfssätze des AsylbLG ein Gesetz bzw. die Bekanntgabe durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) voraussetzten. Deshalb lehnte der Landkreis die Erhöhung ab.

In der ersten Instanz hatte das Sozialgericht Stade höhere Leistungen von 6,- € pro Monat mit der Begründung zugesprochen, dass sich die Erhöhung der Bedarfssätze unmittelbar aus dem Gesetz ergebe und eine Bekanntgabe durch das BMAS nicht erforderlich sei.

Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen hatte zwar die Berufung des Landkreises aus prozessualen Gründen als unzulässig verworfen, aber wegen grundsätzlicher Bedeutung einen Ausblick auf seine voraussichtliche Rechtsprechung gegeben: Wie auch das SG tendiert der Senat dazu, dass die Grundleistungen für die Zeit ab 2017 wegen der vom Gesetzgeber nicht vorgenommenen Neufestsetzung im Rahmen einer gerichtlichen Überprüfung entsprechend der gesetzlichen Vorgabe fortzuschreiben sind.

Denn: Nach Wortlaut des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) und der Gesetzeshistorie und -systematik müssten die Leistungen angepasst werden. Die Leistungssätze nach dem AsylbLG seien bereits von 1993 bis 2012 unverändert geblieben und nicht an die Lebensverhältnisse in Deutschland angepasst worden. Die Überprüfung und Weiterentwicklung der Leistungen anhand der gegenwärtigen Umstände seien auch nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts geboten. Dies erfordere die Menschenwürde.

Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 23. Mai 2019 – L 8 AY 49/18.

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