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KiK-Verfahren: Wertschöpfungskettengesetz gefordert – ECCHR klagt Reform der Haftungspflichten von Unternehmen ein

Was haben billige Klamotten mit Menschenrechten zu tun? Foto: High Contrast, CC BY 3.0 DE

In einem Verfahren von Textilarbeiter*innen gegen den Textilhersteller KiK hat das Oberlandesgericht Hamm Prozesskostenhilfe (PKH) abgelehnt. Die Klage bezog sich auf den Brand einer Textilfabrik in Pakistan. Wegen mangelhaftem Brandschutz waren 258 Arbeiter*innen damals dem Brand zum Opfer gefallen. KiK war Hauptkunde des Textilherstellers. Das Verfahren soll über die eventuelle Mitschuld von KiK an der Katastrophe entscheiden.

„Diese Entscheidung verhindert, dass ein deutsches Gericht endlich die wichtigen Sachfragen zur Haftungspflicht von Unternehmen bei ihren ausländischen Zulieferern verhandelt“, sagte Rechtsanwalt Remo Klinger, der die Kläger*innen vor Gericht vertrat. „KiK als Hauptkunde der Fabrik war mitverantwortlich für den mangelnden Brandschutz – und kann sich nun dank fehlender Regelungen seiner Verantwortung entziehen“, so der Anwalt weiter.

Das European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) fordert daher ein Wertschöpfungskettengesetz, dass die Regelungen zur unternehmerischen Sorgfaltspflicht grundlegend reformiere. „Freiwillige Selbstverpflichtungen reichen nicht aus, um Menschen- und Arbeitsrechte durchzusetzen“, so Miriam Saage-Maaß vom ECCHR.

Saage-Maaß weiter: „Das Recht muss endlich der globalisierten Wirtschaft angepasst werden. Nur so kann garantiert werden, dass Betroffene zukünftig den Zugang zum Recht erhalten, der ihnen zusteht.“ Nur so könnten Menschen- und Arbeitsrechte global durchgesetzt werden.

Die unklare Rechtslage habe verhindert, dass die Kläger*innen früher vor ein deutsches Gericht ziehen konnten, so das ECCHR. Das Landgericht Dortmund hatte die Klage im Januar 2019 wegen Verjährung abgelehnt. KiK hatte zwar zuvor einem Verzicht auf Verjährung zugestimmt, später jedoch den Verjährungsverzicht für unwirksam erklärt. Thomas Seibert von medico international betont: „Jetzt geht es darum, die Politik zum Handeln zu bewegen, damit Unternehmen wie KiK nicht weiter für Profite die Menschenrechte hinten anstellen können.“

Die vier Betroffenen aus Pakistan waren im März 2015 vor Gericht gezogen, stellvertretend für die Ali Enterprises Factory Fire Affectees Association (AEFFAA), die Selbstorganisation von Überlebenden und Hinterbliebenen des Fabrikbrands. Die Klage war die erste dieser Art in Deutschland. Das Verfahren sollte klar machen: Transnationale Unternehmen sind auch für die Arbeitsbedingungen in ihren Tochter- und Zulieferbetrieben im Ausland verantwortlich.

Die Klage ist damit gescheitert, denn das ECCHR geht davon aus, dass das OLG Hamm mit Ablehnung der PKH auch die Klage als verjährt ablehnen würde. Eine Klärung der globalen Haftung von Unternehmen für die Straftaten der Zulieferer ist somit gescheitert.

Weitere Infos des ECCHR zum Verfahren:

KiK: Der Preis der Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie Südasiens
Betroffene von Fabrikbrand in Pakistan verklagen KiK

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